Paul Engwicht

Biografie

Es ist eine besondere Aufgabe, sich zum 100. Jubiläum des Ostdeutschen Rosengartens mit dem Leben meines Urgroßvaters, Paul Engwicht, zu befassen. Zwischen Daten und Fakten zu entdecken, welchen Grund es für ihn gegeben haben mag, Einfluss zu nehmen, auf das kulturelle Leben seiner Heimatstadt und nun rückblickend zu verstehen, welche Auswirkungen und Bedeutung dieses Engagement hatte. Wie nun nähert man sich diesem Mann, dessen Name bis heute nicht nur mit der über 110 Jahre bestehenden, familieneigenen Baumschule, sondern auch mit der Rosentradition in Forst fest verbunden ist.

Geboren wurde Robert Julius Paul Engwicht am 7.Mai.1876 in Nieder-Beerberg bei Marklissa in Schlesien als ältester Sohn des Landwirtes Johann Gottlieb Engwicht und seiner Ehefrau Anna geborene Sperlich. Sie führten ein karges, arbeitsreiches Leben, wie es zu dieser Zeit auf dem Land üblich war. Vom 21.04.1884 bis März 1890 besuchte Paul im schlesischen Schadewalde die Volksschule. Er war ein guter Schüler mit vielen Interessen und Talenten. Nach dem Tod seines Vaters änderten sich die Lebensverhältnisse drastisch. Damals war Paul 10 Jahre alt und lebte mit seiner Mutter und 2 Schwestern in ärmlichsten Verhältnissen, die ihn zwangen, so schnell wie möglich in eine Anstellung zu kommen und für sich selbst zu sorgen. Am 1. April 1890 begann er nach seinem vorzeitigen Austritt aus der Schule (Schulentlassungszeugnis noch im Original vorhanden)seine Ausbildung als Gärtnergehilfe in der Handelsgärtnerei Hammer in Troitschendorf (Oberlausitz), die er mit einem sehr wohlwollenden Zeugnis und besten Empfehlungen zum 1.06.1893 abschloss. Hier erlernte er alle Grundlagen in den Bereichen der Marktpflanzenkultur, Rosenveredlung und Gemüsetreiberei. (Lehrzeugnis noch im Original vorhanden.

Damals war es üblich, nach der Ausbildung auf die Walz zu gehen und in diesen Wanderjahren viel zu sehen, zu probieren und kennenzulernen. Auf sich allein gestellt hieß es, Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen und einen eigenen Weg zu finden. Diese Jahre in den verschiedensten Gärtnereien und Baumschulen in ganz Deutschland zeigten dem fleißigen jungen Mann alle Facetten eines aufstrebenden Berufsstandes. Viele Verbindungen aus dieser Wanderzeit hatten auch später noch Bestand und waren im Austausch unter Fachleuten immer wieder von Bedeutung. So existieren noch heute Arbeitszeugnisse von Paul, die zeigen, dass er sich deutschlandweit neugierig und eifrig in allen Bereiche der modernen Gärtnerei und Gartengestaltung ausbilden ließ und diese Zeit zur Erweiterung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten nutzte. Darin wurde ihm von allen auch ein sehr fleißiges, umsichtiges und geselliges Wesen bescheinigt. Schnell erkannte Paul Engwicht die Vorteile des regen Austausches mit Kollegen in Vereinen und Fachliteratur. Diese Wanderjahre unterbrach er 1896 für seinen Militärdienst, den er ehrenvoll als Musketier im Infanterie Regiment von Courbière (2. Posensches) Nr. 19 in Görlitz ableistete. Ihn begeisterten die dort vermittelten und verlangten preußischen Tugenden. Sie entsprachen seinem Wertegefühl und er erlebte dort intensiv Kameradschaft und Zusammenhalt. Für seine vorbildliche Führung wurde ihm zum Andenken an den 100. Geburtstag des großen Kaisers Wilhelm I 1897 eine Erinnerungsmedaille aus erbeuteter Kanonen-Bronze verliehen. (Besitzurkunde noch im Original vorhanden) Die Erlebnisse beim Militär hatten großen Einfluss auf Paul Engwicht. Er machte niemals einen Hehl aus seiner Kaisertreue und der Anerkennung von Hierarchien und Verwaltung. Ihm wurden die Vorteile des Vereinswesens, die Notwendigkeit des Zusammenschlusses in Verbänden zur der Bündelung gemeinsamer Interessen und die damit verbundenen Strukturen bewusst. Dies vermittelte Ihm Ordnung und Rechtschaffenheit und ermöglichte nicht nur im Beruf die wachsenden Aufgaben zu bewältigen.

Nach seiner Beurlaubung zur Reserve am 20.09.1898 zog er wieder freischaffend und interessiert durch die Lande und schaute sich um. Es regte sich allerdings schon der Wunsch in ihm, sesshaft werden zu wollen und nach einem geeigneten Landstrich dafür zu suchen. Sein letztes noch vorhandenes Arbeitszeugnis für einen längeren Aufenthalt stammt aus einer Kunst- und Handelsgärtnerei in Ulm vom Juni 1899. Wann er also wirklich in Forst ankam, ist nicht genau festgelegt. Seine Familie lebte noch in Schlesien. Vielleicht hatte er von dem kleinen wirtschaftlich so erfolgreichen Fort in der Lausitz gehört, vielleicht war es Zufall? Klar ist, im Frühjahr 1901 kam Paul Engwicht nach Forst und begann zunächst als Gärtnergehilfe in der Gärtnerei Wernicke zu arbeiten. Damals gab es hier viele Gärtnereien. In der stetig wachsenden Industriestadt entstanden nicht nur schmucke Villen der Textilfabrikbesitzer die begrünt werden wollten, sondern mit über 2000 Schrebergärten gab es auch bei den Bürgern der Stadt großes Interesse am Gartenbau. Natürlich gewann damit ebenfalls städtebaulich der Bedarf nach Grünanlagen und Parks an Bedeutung,. Schnell erkannte Paul seine persönlichen Möglichkeiten hier mit Fachwissen, Strebsamkeit und Pflichtbewusstsein einen eigenen Betrieb zu gründen. Die gesammelten Erfahrungen im Baumschulbereich und die große Nachfrage nach Gehölzen veranlassten ihn, sich schnellstmöglich ein geeignetes Stück Land zu kaufen. Noch heute ist dies das Herzstück des Baumschulbetriebes. (Kaufverträge im Original vorhanden)

Ein Holzverschlag diente Paul Engwicht zu Beginn als Unterkunft und Gräteschuppen. es entstanden in kürzester Zeit Gemüsebeete unter Glas, erste angepflanzte Obstgehölze und ein sich rasant erweiternder Bestand aus Koniferen und Ziergehölzen. Schon ab dem 1.Oktober 1901 besaß er die Gewerbegenehmigung zur Führung einer Gärtnerei mit Baumschule. (Foto vom Schuppen vorhanden)

Er bot sich als Grünanlagengestalter an, erwarb sich einen guten Ruf mit seinen Zierpflanzen und produzierte Gemüse. Er knüpfte Kontakte zu vielen anderen Gärtnereibesitzern und sah in der Gemeinschaft viele Möglichkeiten zur Stärkung der gärtnerischen Interessen. Überall entstanden zu dieser Zeit Bündnisse, um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Anerkennung des Berufsstandes und Entwicklung der Handelsbeziehungen zu sichern. So war es seine innere Überzeugung gemeinsam an der Verschönerung seiner Heimatstadt mitzuhelfen oder auch 1902 den Verein der Gärtner und Gartenfreunde ins Leben zu rufen. Den Vorsitz dieses Vereines hatte Paul Engwicht von der 1. bis zur letzten Stunde inne. Zwischenzeitlich hatte dieser Verein über 250 Mitglieder. Dies war, meiner heutigen Meinung nach, ein Zeichen seiner ehrlichen Überzeugung und seiner Zuverlässigkeit für gemeinnützige Interessen einzustehen. Paul Engwicht war ein engagierter Bürger von Forst, der gern hier lebte und auf seine Weise Einfluss nehmen wollte auf die gartenbauliche Entwicklung seiner Heimatstadt. Dafür stand er in diesen Fragen jeder Initiative offen, auch gezielt, mit überregionalem Einsatz in den sich entwickelnden Institutionen war sein Engagement bekannt und geschätzt. Seine Mitgliedschaften im Verein Deutscher Rosenfreunde, dem Verein Deutscher Handelsgärtner und anderen Fach-Gremien in denen er über Forst hinaus tätig war, zeugen davon. Dabei stand nicht das persönliche Vorankommen an erster Stelle, sondern die Freude an der Entwicklung seines Berufsstandes, die sichtbaren Erfolge in der Anerkennung der gärtnerischen Erzeugnisse und die wirkliche Begeisterung für das Wissen über die Pflanzen und ihre Schönheit. Dabei war es nicht schwer, intensive Kontakte mit Gleichgesinnten aufzubauen. Der Gärtnereibesitzer Paul Engwicht beteiligte sich regelmäßig an Ausstellungen, sah sich beständig nach technischen Entwicklungen im Gartenbau um und interessierte sich immer dafür, was es sonst so Neues gab, was man so ausprobieren könnte. Viele Neuheiten fielen auf fruchtbaren Boden, einfach menschlich gesehen, frei nach dem Motto: Was man nicht probiert, kann man nicht wissen. Mein Urgroßvater gehörte zu den Menschen, die sich gern einbringen und Kontakte pflegen. All seine Ehrenämter erfüllte er stets beherzt, war gern gesellig und ein bisschen visionär.

Selbstverständlich dienten diese Neigungen seinen betrieblichen Interessen, denn der schnelle Erfolg im Gartenbau war nicht nur mit viel Arbeit und Fleiß verbunden, sondern auch mit dem Geschick die Produkte hochwertig und gut zu vermarkten. Das geschäftliche Geheimnis des Vorankommens bestand vielleicht in der Vielseitigkeit und Flexibilität, die Paul besaß und ganz sicher auch darin, dass er einen Menschen fand, der diesen Weg bedingungslos mit ihm ging.

Im Sommer 1904 heiratete Paul Engwicht die Tochter eines Gemüsegärtners aus Cottbus Anna Sperlich. Die junge Frau kannte sich im Gärtnern aus, war im Verkauf der Gärtnerischen Produkte schon geschult und teilte die Idee des jungen Paul Engwicht zur Gründung einer Gärtnerdynastie in der Neißestadt Forst. Anna hatte von Kindesbeinen an erlebt, wie Kräuter und Gemüse angebaut und auf dem Markt verkauft wurden. Sie wusste, welchen Bedarf es wofür gab und wie man geschickt verhandelte. Außerdem stand ihr eine nicht unerhebliche Mitgift zu, die den Frischverliebten Mut machte, eine Familie zu gründen und die geschäftliche Grundlage des Betriebes damit zu sichern.

So begannen sie bereits 1903 gemeinsam ein Wohnhaus zu bauen und mit Leidenschaft die Gärtnerei zu erweitern. Im Jahre 1904 konnten Sie einziehen und sein Sohn Alfred wurde geboren, zwei Jahre später Sohn Erich. Nun galt es eine wachsende Familie zu versorgen. Nach Erich kamen noch Fried(1909), Willi(1912) und Charlotte(1913) auf die Welt. Da das Haus groß genug war, holte Paul auch seine Mutter und Schwester nach Forst. Das umfangreiche Familienleben und den Haushalt organisierten die Frauen. Damals war es üblich, dass Gehilfen oder Angestellte der Gärtnerei mit auf dem Hof lebten, aßen, Wäsche abgaben usw. Sicherlich war dieses „Management“ keine leichte Aufgabe.

Neben den familiären Anforderungen hatte Paul Engwicht zweifelsohne große Verdienste um die Entstehung des heutigen Ostdeutschen Rosengartens. Die Verwirklichung einer Idee war schon vor 100 Jahren nur mit konstantem, uneingeschränktem Engagement in Gemeinschaft aller Beteiligten möglich. Wann und wie diese Vision einer Rosen- und Gartenbauausstellung in Forst 1913 entstanden ist, kann man sicher nur vermuten, was wir heute wissen ist, dass es schon 1911 intensive Bemühungen in ganz verschiedenen Bereichen der Stadt Forst gab und auch im Verein der Gärtner und Gartenfreunde emsig darum gerungen wurde, Mitstreiter für diese Unternehmung zu gewinnen. So kam der Vorschlag Herrn Alfred Boese aus Cottbus nach Forst zu holen vom Verein der Gärtner und Gartenfreunde, dessen Mitglied er war und viele fachliche Verbindungen zu den einzelnen Ausstellern oder zu anderen Verbänden wurden durch die rege Vereintätigkeit gepflegt bzw. hergestellt. Alle suchten nach Möglichkeiten das große Projekt RUGA 1913 in Forst voranzubringen. Das konnte nur gemeinsam gelingen und das Ergebnis, ein Gewinn an Kultur und Lebensqualität, sollte allen Forster Einwohnern zu Gute kommen.

Wenn das Ergebnis stimmt und einen gesellschaftlichen Erfolg verzeichnet, wird gern nach den Verdiensten Einzelner gefragt und zweifelsohne darf die Bereitschaft Einzelner nicht unterschätzt werden, besonders wenn diese ehrenamtlich und mit Überzeugung existiert. Dennoch war die Durchführung der deutschen Rosenschau 1913 ein bedeutsamer gemeinschaftlicher Erfolg. Forst präsentierte sich gartenbaulich und man blickte erstaunt auf die rege Tätigen an der Neiße, die sich einen so schönen Volkspark schufen. Gerade diese weiterführende Planung zum Erhalt des Ausstellungsgeländes für die zukünftige Nutzung war Grundlage, für viele verschiedene Vereine aus Forst und Umgebung, sich einzubringen. Im Familienbesitz befindet sich noch heute der Ehrenpreis des deutschen Kaisers für die Verdienste des Gärtnereibesitzers Paul Engwicht bei der Vorbereitung und Ausgestaltung der Rosen- und Gartenbauausstellung 1913 in Forst / Lausitz.

Jeder hat im Leben Träume, das war auch schon vor 100 Jahren so. Manche Träume sind ganz klein für sich selbst oder die Familie und manche Vorstellungen hat man für die Welt, sein Heimatland, seine Heimatstadt. Nach dem raschen Aufbau eines soliden Betriebes, der Entstehung einer großen Familie und dem Erfolg mit der Erhaltung des Ostdeutschen Rosengartens folgten nun die kargen Kriegsjahre. Alles war plötzlich anders. Das gesellschaftliche Interesse wich den täglichen Anforderungen. Das Überleben als Betrieb und die Pflicht als kaisertreuer Untertan in den Krieg zu ziehen. In der Kriegszeit starb Anna Engwicht 1915 bei der Geburt ihres 6. Kindes, das nicht überlebte. Damit stand Paul 40- jährig mit der Versorgung von Haus, Hof und Kindern gewaltig unter Druck. Hinzu kam die Einberufung zum Kriegsdienst, die bedeutete, Forst verlassen zu müssen. Man erzählt sich in unserer Familie, er hätte dieses junge Mädchen bei der Wäscheabgabe getroffen. Vielleicht bot Sie ihm Hilfe an in seinem großen Haushalt. Er fand mit der jungen Elsa Ida Martha Hunger, geboren am 10.März.1894 in Kirchhain, eine große Liebe und eine mutige Frau, die selbst kaum älter als seine Kinder, Paul Engwicht im Dezember 1916 ihr Ja-Wort gab. Kurz darauf musste er sie hochschwanger mit Allem allein lassen, um in den Krieg zu ziehen. Außerdem spendete Paul 1917 beim Aufruf „Gold geb ich für Eisen“ seine Ersparnisse und den Familienschmuck. Dies bedeutete allerdings für alle große Schwierigkeiten beim Erhalt des Betriebes. Statt Zierpflanzen wurde Gemüse angebaut, alle arbeiteten mit. Am 17.09.1917 brachte Elsa Engwicht einen gesunden Sohn zur Welt, den sie Friedrich Johannes Paul Engwicht nannte. Ungeahnt aller folgenden Jahre, hielt sie für alle den Betrieb aufrecht. Eine energische junge Frau, sich ohne berufliche Erfahrungen allen Herausforderungen stellte und sich nicht unterkriegen ließ. Im Frühjahr 1918 kam mein Urgroßvater wieder nach Forst zurück. Mühsam belebte er die alten Geschäftsverbindungen und hatte in seiner jungen Frau einen unschätzbaren Rückenhalt. Als sich 1919 das legendäre Infanterie-Regiment von Courbière (2. Posensches) Nr. 19 aufgelöste und man sich ewige Kameradschaft und Freundschaft versprach, wurde Paul dieser Kameradschaftsführer in Forst. Man traf sich einmal monatlich am ersten Donnerstag in der Gerichtslaube und hielt so den Kontakt und die Erinnerungen zu den Kameraden lebendig. Auch diese Aufgabe nahm Paul Engwicht bis zu seinem Tode wahr.

Es war eine schwere Zeit für alle, im Fordergrund stand die Produktion von Lebensmitteln und die Selbstversorgung, man versuchte sich an der Aufzucht von seltenen Schnittblumen und Knollenpflanzen. Das 7. Kind wurde geboren. Der zweite Sohn von Elsa und Paul bekam den Namen Georg Paul Fritz Engwicht. Im Inflationsjahr 1923 verlor die Familie wieder alle Ersparnisse und konnte nur durch Grundstücksverkauf den Betrieb erhalten. Dennoch setzte sich Paul Engwicht wieder besonders ein, wenigstens eine kleine Ausstellung zum 10. Jahrestag des Ostdeutschen Rosengartens in Forst durchzuführen. Dafür mobilisierte er mit den Stadtvätern die Forster Bürger in den verschiedensten Vereinen und viele der bekannten Rosenschulen, sich doch wenigstens irgendwie in den schweren Zeiten einzubringen. Auch der Komponist des Rosengartenmarsches Obermusikmeister Junghans (ein ehemaliger 19er) brachte sich mit einem Militärkonzert der Kapelle des Reichswehr-Infanterie-Regiments Nr.8 zu den Festtagen im Rosengarten 1923 ein. Hierbei stellte er seinem Forster Rosengartenmarsch dem Publikum vor und überreichte ihn öffentlich dem Mitschöpfer und eifrigen Förderer des Ostdeutschen Rosengartens Herrn Paul Engwicht mit persönlicher Widmung. (Originalnoten noch vorhanden)

Trotz widrigster Wetterumstände und wirklich spärlichen Möglichkeiten zeigten sich die Rosen 1923 in wirklich erstaunlicher Pracht. Nach 10 Jahren verströmte der Park in seiner Anlage wirkliche Schönheit, war fachlich gepflegt und konnte einige Skeptiker überzeugen. Es befinden sich Abhandlungen und Berichte über diese Eindrücke von Forst in den alten Gartenbauzeitschriften. Darin wurde die Schnittblumenschau etwas belächelt, der Park jedoch hoch gelobt und ganz besonders die Motivation, den Optimismus der Leute vor Ort bewundert, hatten doch alle Rosenzüchter und Gärtner mit den schlechten Witterungsbedingungen und den Schäden des harten, langen Winters zu kämpfen.

Die Lebensumstände verbesserten sich allmählich wieder ab 1924. Die Familie wuchs heran, aus den Kindern sind junge tatkräftige Männer geworden, Alfred war Gärtner im väterlichen Betrieb, Erich wollte Lokführer werden. Alle anderen waren auch in der Schulzeit schon mit in der Gärtnerei tätig und der familiäre Zusammenhalt trug Früchte. Das Haus war voller Leben und 1925 kam noch Sohn Max Joachim Johannes Engwicht dazu. Der Handel mit Baumschulware expandierte zum Ende der zwanziger Jahre rund 3500 Schrebergärten gab es zu dieser zeit rund um und in Forst und auch die Vereinsarbeit vor Ort sollte regelmäßig erfüllt werden. Als 1927 wieder eine Gelegenheit kam, gartenbauliche Ausstellungen zu organisieren, wurden in der Turnhalle der Jahnschule Leistungsschauen für alle Sparten des Gartenbaus durchgeführt. Der Anlass war das 25. Stiftungsfest des Vereins der Gärtner und Gartenfreunde mit den Forster Gartenbautagen, einer großer Versammlung, Fachvorträgen und Festlichkeiten im Lindengarten.

Die 30er Jahre waren wirtschaftlich erfolgreiche Jahre ,mit der Bahn wurde nach Schlesien und Ostbrandenburg geliefert. Der Name Engwicht wurde für Qualität, Zuverlässigkeit und außergewöhnlich umfangreiches Sortiment bekannt. Mit seinen Söhnen hatte sich die Zukunftshoffnung erfüllt und nach Alfred erlernte auch Charlotte den Gärtnerberuf. Es sollten weitere Produktionsstätten entstehen, Spezialisierung bei der Züchtung von Koniferen und Nadelgehölzen erreicht werden und natürlich auch Schnittblumen angebaut. Vater und Söhne träumten von den Entwicklungen und eigenen Verantwortungsbereichen für jeden.

Auch das 20. Jubiläum des Rosengartens 1933 war wiederum Gelegenheit eine Rosenschau durchzuführen und wurde auch genutzt, immer wieder den Rosenbestand zu erhalten und zu erweitern. Der Verein der Gärtner und Gartenfreunde zeigte sich wieder als großer Unterstützer vor Ort, der sich in der Lage sah die Interessen gebündelt klug nach außen zu tragen und damit Aufmerksamkeit in weiten Kreisen des inzwischen gut organisierten Berufs- und Liebhaberstandes hervorzurufen. Der Ostdeutsche Rosengarten war inzwischen deutschlandweit bekannt und wurde seinem Ruf immer wieder gerecht. Paul Engwicht blieb unabhängig aller politischen Veränderungen immer als fachlicher Berater im Gartenbau dem öffentlichen Interesse zur Verfügung. Dies war sein innerster Wunsch, auch als das 25 jährige Bestehen des Ostdeutschen Rosengartens 1938 mit einer Rosenschau gefeiert werden sollte und als Podium für die Nationalsozialisten diente. Er sah sich als Bürger und Mitgestalter in der Pflicht, dies als eine weitere Chance zu nutzen, den Rosengarten in Forst erhalten zu können. Welche weiteren Rahmenbedingungen für die Beteiligten daran geknüpft waren, wird heute niemand mehr erfahren. Es begann nun eine Zeit, über die in den folgenden Generationen sehr wenig gesprochen wurde. Sicher ist das kein Einzelfall.

Selbst überzeugt von militärischer Disziplin und Kameradschaft erhielt Paul Engwicht schon 1927 die Kriegsgedenkmünze 1914/1918 des Kyffhäuserbundes und der Landes-Kriegerverbände für die ehrenvolle Teilnahme am 1. Weltkrieg. (Urkunde im Original vorhanden) Nach Auflösung des Regimentes war er noch aktiv als Kameradschaftsführer der 19er in Forst, wofür ihm 1932 das Kriegervereins-Ehrenkreuz der 1. Klasse verliehen worden ist. Nun erlebte er seine Söhne mit Begeisterung für ihr Vaterland in den Krieg ziehen. Damit stagnierten alle betrieblichen Vorhaben. Gerade die jungen Männer hatten großen Anteil an der schweren körperlichen Arbeit. (ein Feldpostbrief seines Sohnes zum 40 Firmenjubiläum noch original vorhanden, sehr ergreifend) Zwei seiner Söhne kamen nicht zurück. Für ihre Mutter Elsa war sicher am schlimmsten, dass es zuerst den blutjungen Fritz traf, nur Tage vor seinem 20. Geburtstag am 1.09.1942. Kurz vor Ende des Krieges erhielt sie Nachricht von Paul, der 1944 in Russland fiel. Alfred, der Erstgeborene geriet in russische Gefangenschaft und war der letzte Heimkehrer. Er kam erst 1951 krank nach Forst zurück und sah seinen Vater nicht mehr lebend. Direkt nach der Todesnachricht von Paul, kam die Einberufung von Johannes. So sollte nun auch der Jüngste mit 19 Jahren Forst verlassen. PaulEngwicht und seine Frau Elsa gehörten zu den ca. 160 Personen, die im Mai 1945 das Kriegsende in Forst erlebten. Der Zwangsevakuierung entzogen Sie sich, es gab nichts mehr zu verlieren. Die Villa war beschädigt, der Gemüsegarten zur Pferdekoppel umfunktioniert, die Gewächshäuser ohne Glas, die Panzersperre direkt vor der Haustür, die Söhne weg. Wie überall war es schwer einen Neuanfang zu wagen. Die Vereine wurden aufgelöst und viele Freunde mussten Forst verlassen oder sind schon vorher weggegangen. Ob jemand wieder kommen würde und wie es weiter gehen sollte, konnte niemand vorhersagen. Die Gärtnerei Engwicht wurde der Landwirtschaft zugeordnet und mit einem Abgabesoll belegt. Alle versuchten das Mögliche durchzubringen, niemals die Hoffnung zu verlieren, dass es ein Wiedersehen geben könnte und mit menschlichem Verlust umgehen mussten damals alle. Inzwischen 70 jährig und todkrank erlebte Paul Engwicht 1946 die Rückkehr seines jüngsten Sohnes Johannes aus amerikanischer Gefangenschaft. Damit war der Fortbestand des Betriebes gesichert. Mit 22 Jahren stand nun Johannes vor der großen Aufgabe die Familiengärtnerei wieder aufzubauen.

Bezüglich des Rosengartens ist zu sagen, dass Paul Engwicht den späteren Rosengartenleiter Werner Gottschalk schon seit seiner Jugend kannte und ihm vor dem Krieg zur Ausbildung eine Gärtnerei in Kronberg vermittelte. Als Werner 1947 aus der Gefangenschaft nach Forst zurück kam, trafen sich beide noch einige Male, da war auch schon klar, dass Werner sich um den Rosengarten kümmern sollte. So waren seine Visionen in guten Händen und würden lebendig bleiben.

Im Sommer 1947 verstarb der Gärtnereibesitzer und Mitschöpfer des Ostdeutschen Rosengartens Paul Engwicht in seinem Haus in der Robert-Koch-Straße 50. Seine Frau Elsa lebte noch bis 1985 dort und erlebte Enkel und Urenkel.